V I T A 1962  Ausbildung als Modedesignerin, Textilingenieurschule Krefeld bei Frau Professor Kat Hussong Ab 1969 Gestaltung mit textilem Material - Wandteppiche, Stoffbilder,  k o n s t r u k t i v i s t i s c h e  M a l e r e i 1970  Schwarz-Weiß-Fotografie und Farbfotografie nach dem Ciba-Chrome-Verfahren im eigenen Labor Schwerpunkt: Fotoarbeiten für Architektur- und Städtebauveröffentlichungen; Arbeiten sind in öffentlichen Gebäuden ausgestellt 1975 - 1998 Keramische Gestaltung in Höhr-Grenzhausen und Ausbildung im internationalen Keramikzentrum in St. Amand en Puisaye, Mittelfrankreich, Gefäßkeramik und  k o n k r e t e  M a l e r e i auf Keramikplatten
1990 - heute: Gestaltung von  G r a f i k e n 1995 - heute: Gestaltung großflächiger  G e m ä l d e, Acryl auf Holz und Acryl auf Leinwand 1996 - heute: Gestaltung von  K om p o g r a m m e n - kleinformatige Collagen aus unterschiedlichsten Elementen; die Elemente werden aus ihrem vertrauten Kontext in neue, unerwartete Zusammenhänge gebracht 1998 Vernissage in St. Paul de Vence 2003 - heute: V i d e o k u n s t 2003 “atelier au soleil” (Film des Jahres 2003 ausgezeichnet vom Filmclub Offenbach) 2004 “La Russie et les Avant-Gardes” (Auszeichnung: Film des Jahres 2004) 2007 “alle Jahre wieder” (1. Preis von Hessen) 2008 Goldmedaille vom BDFA (Bundesverband Deutscher Film-Autoren e. V.) für “alle Jahre wieder” in der Kategorie “Dokumentarfilm und Kamerafilm” in Freiberg am Neckar 2009 Auszeichnung von “alle Jahre wieder” mit dem “Silbernen Bären” in Österreich 2009 “concret”, Uraufführung in Bad Homburg 2011 Filmpreis des Landesverbandes Hessen - Verleihung des “Großen Löwen” für den Video-Film “alle jahre wieder”
© traute sittmann 
Mehr zum Werk von Traute Sittmann Das Werk von Traute Sittmann ist vielgestaltig. Bildnerische Neugier treibt die Künstlerin dazu, sich in vielen Kunstgattungen auszudrücken. Ihre Arbeit umfasst angewandte und freie Kunst, Textilgestaltung und Keramik, Zeichnung und Grafik, Malerei und Plastik, Fotografie und Film. Jede Technik, mit der sie sich befasst, greift über in die anderen Gattungen, Leitmotive bilden sich heraus und lassen sich - für den Betrachter ist dies besonders aufschlussreich - über die Gattungsgrenzen hinweg verfol- gen. So kann das aufmerksame Auge gewisse Formmotive, die zuerst in der Fotografie auftauchten - Architekturmotive etwa, wie sie Traute Sittmann in Südfrankreich vorfindet - stark abstrahiert in ihrer Malerei wiederentdecken, als grafische Elemente, welche die weit ausholenden gestischen Farbspuren kleinteilig umspielen. Oder es lassen sich Formen, wie man sie auf ihren bemalten Keramiktellern sieht, in verwandelter Gestalt in den digitalisierten Grafiken wiederfinden, die Traute Sittmann als “Kompogramme” bezeichnet. Immer geht es der Künstlerin darum, ihre Arbeiten zu reflektieren, neu in den Blick zu nehmen und ihr Formen- potenzial auch in anderen Medien auszuloten. Aus diesem Grund greift sie etwa zur Video- kamera, um in ihrem Atelier einen Film zu drehen, deren Hauptakteure ihre Kunstwerke sind, die formschöne Gebrauchskeramik ebenso wie ihre Gemälde und Projektionen der Kompo- gramme. In weiteren Hauptrollen: das unvergleichliche Licht Südfrankreichs und der Raum, in dem die Werke arrangiert sind. Ein Leitthema ist Dynamik. Statische Situationen findet man kaum im Werk von Traute Sittmann. Drehbewegungen sind häufig. Das beginnt mit den auf der Töpferscheibe gedrehten Keramiken, setzt sich fort in den unablässig rotierenden Rädern ihrer aus Fundobjekten montierten kinetischen Plastiken - eine Hommage an Jean Tinguely - und findet sich wieder in den von der Decke hängenden, kreisenden Drahtstrukturen in ihrem Film “concret”. EIne andere Art von Dynamik ist das Gestische, der Pinselschwung, die rasch gesetzten Tuscheformen ihrer Zeichnungen, die Farbbahnen in ihrer Malerei, die auf den glatten Holzhintergründen noch freier zu fließen scheinen als auf den texturierten Leinwänden. Eine dritte Art der Dynamik - die Dyna- mik der Verwandlung - findet sich dann in den “Kompogrammen”, der experimentellsten Werkreihe der Künstlerin. Seit 1996 entstehen diese Arbeiten. Ihr Ausgangsmaterial sind relativ kleinformatige Colla- gen aus unterschiedlichsten Elementen. Diese werden eingescannt, am Computer bear- beitet und dann in vergrößertem Maßstab zum Beispiel auf Aluminiumverbundplatten ausgedruckt, was den Kompogrammen eine glatte, technoide und distanzierende Anmutung gibt. Im Unterschied zur Malerei, die stark von einem persönlichen Duktus geprägt ist und in die Traute Sittmann immer wieder Materialien wie Papier und textile Elemente integriert, um die Malfläche strukturell zu beleben, unterdrücken die Kompo- gramme jeglichen haptischen Reiz und vermitteln die Komposition ganz in die Fläche. Aufgrund der digitalen Verfremdung sind die Materialien nur noch teilweise zu erkennen, textile Gewebestrukturen etwa oder Zeitungsfetzen, die bewusst seitenverkehrt eingesetzt sind, damit ihre Lesbarkeit erschwert wird (denn es geht nur um die Struk- tur, nicht um den Inhalt der Worte selbst). Andere Elemente wirken irreal, biomorph, befremdlich, lassen die Herkunft der Aus- gangsmaterialien nicht einmal mehr erahnen. Traute Sittmann überträgt hier die Logik der Collagetechnik, die darin besteht, Elemente aus ihrem vertrauten Kontext in neue, unerwar- tete Zusammenhänge zu bringen, konsequent weiter, indem sie mit der digitalen Bearbeitung ein zeitgenössisches Verfahren wählt, Kontextverschiebungen zu erzeugen. Dadurch wird die Vorstellungskraft des Betrachters aktiviert. Manche der Bilder wirken wie Vergrößerungen mikro- skopisch kleiner Strukturen, in anderen blitzen unerwartet Erinnerungen an Landschaften auf, anderen ist die Fremdartigkeit von Traumsequenzen eigen. Peter Lodermeyer